Es gibt Veranstalter von 470er Regatten, die sind wirklich vom Glück verfolgt. Der SC – Gießen und die Drahtzieher im Umfeld der Familie Wörz zählen definitiv dazu. Wie jedes Jahr wurde auch in 2001 eine tolle Regatta ausgerichtet. Da passte einfach alles. Aber wie heisst es so schön: „Das ist eben das Glück des Tüchtigen“. Als geniessender Teilnehmer merkt man sehr deutlich, wieviel Liebe im Detail der Regattavorbereitungen steckt.
Wir selbst hatten uns – mit Geburt unserer kleinen Lilli im April - eine Regattapause von 12 Monaten gegönnt und freuten uns schon riesig auf das erste mal Regattieren. Die Großeltern hatten sich das Wochenende extra frei gehalten, um als Babysitter mitzufahren, die Spätsommertage boten mit kühlem aber freundlichem Wetter beste Bedingungen. Und während Deutschlands 470er Elite in Kiel die Meisterschaft auf der Förde einläutete, freuten wir uns als Amateursegler auf spannendes Kiesgruben-Segeln. Um ein Haar hätten wir in letzer Minute fast noch kneifen müssen: Unser Nuno ließ in der Nacht von Freitag auf Samstag die Höchstmarke auf dem Fieberthermometer kontinuierlich steigen, bis die 40 Grad fast erreicht waren. Samstag morgen ging das Fieber dank Wadenwickeln runter. Die segelbegeisterten Großeltern wussten selbst dafür eine kurzfristige Lösung: Einer hütet Nuno am Krankenbett und der Andere kann die Lilli im Kinderwagen um die Kiesgrube schieben. Fein: Also die Segelklamotten und den Kinderwagen in Auto schmeissen und ab auf die A5.
In
Gießen begrüßte uns nicht nur ein frischer Wind sondern
auch die fröhliche Stimmung der Gastgeber. Die Meldeliste zeigt immerhin
15 Teilnehmer – in Anbetracht der Überschneidung mit der Deutschen
ein gutes Feld. Das Aufbauen klappt ohne große Blamagen. Um allzu
große Pannen zu vermeiden hatten wir immerhin am Wochenende vorher
mal den Mast gestellt und den Spi hochgezogen.
Wettfahrtleiter Albrecht Seibert, der wie die meisten Teilnehmer der Regatta seit vielen Jahren treu ist, kündigt in der Steuermannsbesprechung den Kurs und Backbordrunden an. Wir schmeissen die Boote ins Wasser. Der Wind dreht noch mal etwas nach Süd und somit taucht auf dem Startschiff die rote Flagge auf. Die erste Kreuz bei spannenden Wendeduellen entscheidet Dieter Prehn mit Vorschoter Frank Holm ganz klar für sich. Die beiden sind ja ein kleines Wunder. Nicht nur, dass durch die gewählte Mannschafts-Aufteilung der mit Segelnummer 4582 auch nicht mehr ganz frische Parker auch bei Leichtwind vorn aus dem Wasser kommt, als wäre er im Gleiten, auch die betagten Segel im Knitterlook verraten nicht, dass hier wahre Kiesgrubenexperten der mittleren Generation angreifen. Dazu kommt das lässige Hängen über der Kante – immer eine Kippe im Mund. Fehlt nur noch das Bier an Bord (hab ich noch nicht gesehen) – das wird aber in Mengen nach der Wettfahrt konsumiert. Sei es drum - die Rollwenden der beiden sind echt beeindruckend.
Anfangs
hatten wir wie gesagt einfach keine Chance, die Beiden düsten mit
weitem Abstand vorneweg. Doch beim Erreichen der Luvtonne rundet Dieter
links herum und verschwindet sogleich hinter der Insel mitten im See. Die
Nachkommenden wundern sich, und so konnten wir die Wettfahrt in einem Zweikampf
mit Karlo ausmachen, den der alte und neue Hessenmeister für sich
entschied.
Die zweite Wettfahrt bei deutlich frischerem Wind
mit schönen Trapezschenkeln konnte wiederum Karlo mit Michael für
sich entscheiden. Wir hatten die Wettfahrt etwas vergurkt – was selbst
Lilli zu lautstarken Missfallenskundgebungen veranlasste. Ihre schlechte
Laune liess sich übrigens nur noch durch frische Milch von Muttern
beschwichtigen.
Bei der dritten Wettfahrt gab es wiederum sehr
frischen Wind, mit teilweise spektakulären Tonnenmanövern an
der Raumtonne. Karlo und Michael testeten noch mal, wie kalt denn das Wasser
so ist, und so konnten wir selbst als erste über die Ziellinie fahren.
Zur allerletzten Wettfahrt am Sonntag hatte der
Wind sich schon ausgepustet. Nur noch leichter Wind mit ein wenig Trapezhängen.
Spannend war es dennoch wie im Krimi. Letztlich entschieden wenig Meter,
die man beim Holeschlag dichter unter die Insel fuhr darüber, wer
oben an der Tonne die Nase vorn hatte. Sieger der Wettfahrt wurden die
Kiesgrubenexperten. Karlo und Michael hatten nach schwachem Start sich
immer weiter nach vorn gewurschtelt, so dass ein Dritter Platz noch zum
Gesamtsieg reichte.
Von der Abendveranstaltung können wir von der bekannten guten Atmosphäre berichten: Viel Steaks, selbstgemachte Salate, Freibier, Lagerfeuer und Gespräche in den späten Abendstunden. Neu war diesmal, dass Marcus mit einer ewig-langen Lichterkette, mit der er sein Schiff von Bug über Mat-Top bis Heck schmückte eine tolle Kulisse vor dem Baggersee zauberte.
Besonders erfreulich an der Lahntal-Regatta ist, dass es hier immer wieder Neueinsteiger gibt, die mit viel Spass und altbewährtem schon fast historischem Material beim Regattieren mitmachen. Die Segelnummer GER 607 ist kein Druckfehler in der Ergebnisliste sondern ein Beispiel eines Original-Ausbaues aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Möge noch mal jemand behaupten, ein 470er lebt nur ein Jahr....
Nana + Christoph Busch
(GER4727)